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die Gemeinsamkeiten von Transhumanismus und Transsexualität

Redaktion: „Kürzlich wurde breiter bekannt, dass das deutsche Gesundheitsministerium Kindern das Verwenden von Hormonen die die Pubertät blockieren nahegelegt hat, und trotz öffentlicher Empörung, immer noch tut. Was steht hinter dem Vorhaben?

Soziophilosoph Richard D, Jung: „Wir sehen hier den Versuch die Biologie dem Sozialen unterzuordnen. Hinter dem Gedanken der sexuellen Transformation steht der Wunsch die Grenzen des menschlichen Daseins aufzulösen – hier mithilfe von Medizin und Biotechnologie. Der Traum von Entscheidungsfreiheit über Grundlagen der Existenz. Man will nicht nur tun und arbeiten können was man will – das sind die Errungenschaften des Gender-Diskriminierungsschutzes – man will auch sein können wer man will – körperlich.“

Redaktion: „Ist diese Idee nicht illusionär und unerreichbar?“

Richard D. Jung: „Die Menschheit hat schon immer an den Grundfesten ihrer Realität gerüttelt und vielleicht macht das auch zum Teil die Menschheit aus. Seit der Steinzeit kochen wir Lebensmittel, und essen nicht nur rohe Dinge wie alle anderen Lebewesen. Wir beeinflussen Landschaften, bauen Häuser, Städte, wir heizen unseren Lebensraum im Winter und kühlen ihn im Sommer. Wir stellen gentechnologisch Insulin durch Bakterien für Diabetiker her, wir nutzen mRNA-Impfungen. Man sieht schon der Trend des Machbaren geht vom äußeren menschlichen Lebensraum in Richtung Innen, dem menschlichen Körper. Wenn sich der gentechnische Trend fortsetzt, könnten in Zukunft mittels Gentherapie Erbkrankheiten durch gesunde Gene ersetzt werden, aber auch das X oder das Y Chromosom könnte umgeändert werden.“

Redaktion: „Ist der Wille des Menschen denn nicht auch von seinen Genen abhängig?“

Richard D. Jung: „Sie stellen eigentlich die Frage ‚gibt es einen freien Willen?‘ Aus der Erziehung könnte man sich vielleicht heraus-bilden, sich ent-wickeln. Aber wie kommt der Wille zustande der das Ziel vorgibt? Wenn ein Gen vorgibt, dass man ein anderes Gen gentechnisch austauscht, was ist dann das dominierende Willensgen das das entscheidet? Wie man es auch sieht, fortschrittliche Techniken erweitern die Grenzen des für Menschen möglichen, und damit die Grenzen von -was kann ein Mensch-, -was ist ein Mensch-, und -was kann und darf man von einem Menschen erwarten-.
Es gibt auch Vorhaben Menschen von ihren biologischen Körpern zu befreien, und damit auch von Krankheiten und Altersleiden. Ein Backup oder ein Verschieben des Bewusstseins in ein technisches System – in einen Roboterkörper oder eine virtuelle Realität.
Die geschlechtliche Identität steht hier auch wieder in Frage: Hat ein digitales Abbild des Bewusstseins ein Geschlecht? Ist ein Mann im digitalen und technischen Körper noch ein Mann? Oder eine Transperson? Oder überhaupt Transhuman – nicht mehr menschlich und nicht mehr geschlechtlich?“

Redaktion: „Sie sagten Menschen haben schon immer ihre Lebensumstände verbessert und damit auch sich selbst verändert. Aber noch vor 100 Jahren hätte doch niemand daran gedacht sein Geschlecht gentechnisch zu verändern oder sich zu digitalisieren. Sehen Sie das nicht als neues Phänomen?“

Richard D. Jung: „Man konnte weder DNS chemisch nachweisen, noch gab es Computer, da haben Sie recht. Allerdings, und das will man sich heute kaum vorstellen, gab es vor knapp über 100 Jahren den Trend zu versuchen sich geistig zu erweitern, einen Geist heraufbeschwören, oder selbst eine Geistform anzunehmen. Vor einigen tausend Jahren schon gingen zumindest einige – heute noch populäre – Menschen Bünde mit Geistern und Göttern ein, um mehr Macht zu haben.
Und auch vor etwa 100 Jahren wurde in Deutschland und Österreich versucht ein gesünderes stärkeres Volk herauszubilden, indem Menschen anhand ihrer Stammbäume und phänotypischen Eigenschaften gezüchtet wurden, so wie das damals und teilweise auch heute in der Viehzucht gemacht wurde und wird.
Jeder Fortschritt lässt neue Verbesserungsmöglichkeiten am Menschen erkennen. Die Ideen zur Verbesserung des Menschen sind nicht neu, aber sie passen sich dem Zeitgeist an. Man könnte sogar so weit gehen und sagen, dass die Ideen selbst einer Evolution unterliegen, und denkende Wesen deren Lebensraum sind. Ideen symbiotisieren miteinander, und kämpfen gegeneinander, sie mutieren und vermehren sich, ähnlich wie biologische Lebewesen.“

Redaktion: „Danke für das Interview.“

Richard D. Jung: „Immer wieder gerne.“